Freitag, 27. August 2010

Sarrazin und die Wahrheit

Thilo Sarrazin ist schön öfter angeeckt, förmlich eingeschlagen. Kaum zu glauben, dass der Mann Sozialdemokrat ist – was die SPD auch gerne schnell geändert sehen will.

Von der Kanzlerin (CDU) bis hin zum kleinen SPD-Ortsverbandsvorsitzenden aus Wanne-Nord schlägt Sarrazin Gegenwind entgegen, es wird ihm geraten, den Mund zu halten oder auch, in die NPD einzutreten. Es ist modern, geradezu schick, dass sich der moderne Gutmensch gegen Sarrazin formiert.

Zugegeben: ich habe sein Buch (noch nicht) gelesen. Aber dass habe ich allem Anschein nach mit den meisten seiner Kritiker gemein. Niemand hat dieses Buch wirklich gelesen und reflektiert und hat seine Informationen, was Sarrazin angeblich gesagt oder gemeint hat, aus der “BILD” oder der TAZ.

Aber kann es sein, dass Thilo Sarrazin nur genau beobachtet, was in Deutschland (und letzten Endes in ganz Europa) vor sich geht und er seine persönlichen Erkenntnisse daraus zieht? Und dass Sarrazin tatsächlich nahe an einer Wahrheit ist, die vielen unangenehm ist? Weil hier das scheitern der Politik offenbar wird und eine Fehlentwicklung in der Gesellschaft aufgezeigt wir, die viele verunsichert aber keiner anzusprechen wagt? Zumindest keiner, der nicht in die rechte Ecke gezwungen wird oder Angst vor der Nazi-Keule hat, die so mancher Gutmensch vorschnell schwingt.

Vieles von dem, was er anspricht, entspricht dem, was ich selbst beobachten kann. Und was eigentlich jeder, der ein offenes Auge hat, sehen kann. Wenn er will. Integration gerade muslimischer Einwanderer ist weitgehend gescheitert, ungeachtet der Vorzeige-Integrierten. Denn genau die sind nicht so sehr begeistert über dass, was sich da abzeichnet. Sarrazin zehrt sicher von seinen Beobachtungen aus seiner Zeit als Senator in Berlin, Stichwort “Neukölln”. Doch dass, was da passiert, geschieht auch in Duisburg und anderen Städten. Dass Muslime undurchsichtig handeln drängt sich nicht nur nach den Vorgängen rund um die Marxloher Moschee auf. Während sich die meisten hier lebenden Volksgruppen; Spanier, Italiener, Inder usw.; relativ problemlos anpassen ist das hauptsächlich bei muslimisch geprägten Volksgruppen nicht der Fall. Zudem ist die Kriminalitätsrate gemessen am Bevölkerungsanteil enorm hoch. Dass lässt die Gesellschaft nicht kalt und so fallen populistisch geprägte Politiker oder Gruppen auf fruchtbaren Boden. Keiner traut sich wirklich, auszusprechen was ihm dabei Angst und Sorge macht, weil niemand gerne in die rassistische, rechte Naziecke gedrängt wird.

Nun ist es nicht zwingend dramatisch, wenn eine Gesellschaft dem Ende entgegen drängt. In der Geschichte ist das öfter passiert. Die Frage ist, ob und wenn ja, was man dagegen zu tun gedenkt. Hier fehlt der Politik der Mut ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Insofern stößt Sarrazin in ein Wespennest und berührt die Politik auf Unangenehmste.

Das gilt natürlich auch für den zweiten Schwerpunkt, den sich Sarrazin ausgesucht hat. Die Sozialhilfe bzw. ALII. Seine bisherigen Vorschläge muten, na, sind wir mal höflich, eher skurill an. Gegen Kälte auch mal den Strickpullover rausholen anstatt zu heizen…. Gut, kann man machen. Insbesondere viele, die ein, wenn auch geringes, Einkommen haben genau dies machen um Geld zu sparen. Und genau hier liegt auch die Crux: manch Familie mit Hartz IV hat mehr Einkommen als so mancher, der ein Lohn-Einkommen hat. Oder liegt Netto nicht weit davon weg, allerdings ohne die Kosten aufbringen zu müssen, die Arbeitnehmer tragen müssen. Sicher, die meisten Bezieher von Hartz IV sind Aufstocker. Aber in der Kritik geht es um die Höhe von AL II –Bezüge. Und die Forderung nach Zuschüsse z.B. für Kultur – wegen einer Teilhabe. Arbeitnehmer haben das nicht und kommen auch über die Runden ohne teilhabe am Kulturbereich. es sei denn, sie sparen es sich quasi vom Mund ab. Aber richtig eingesetzt reicht Hartz IV allemal. Und genau hier setzt Sarrazin an und fordert nichts anderes als das Geld richtig zu verwenden. Er hält auch die Armenküchen aka Tafeln für überflüssig und als falsches Signal. Und bietet insgesamt auch Lösungen an und kritisiert nicht nur.

Alles in Allem: Man muss Sarrazin nicht zustimmen – letztendlich wirken seine Aussagen schon arg populistisch – aber bedenkenswert sind seine Aussagen schon. Denn sie zeigen eine Fehlentwicklung auf und ihre möglichen Konsequenzen für die Zukunft und bieten schlussendlich auch mögliche Lösungsansätze an. Man sollte also mal genau schauen wer Sarrazin kritisiert und wie und warum das so geschieht. Und mal überlegen, ob nicht auch etwas Wahres an den Sprüchen des Sarrazins ist.

Debatte: Sarrazin will kein „Fremder im eigenen Land“ sein - Nachrichten - DerWesten